Ein berufsständisches Versorgungswerk gewährt neben der Altersrente und der Hinterbliebenen-Versorgung auch die Absicherung im Falle der Berufsunfähigkeit. Oft sind jedoch die damit verbundenen Vorgaben sehr streng. Bei Rechtsanwälten erfordert eine Leistung die Rückgabe der Berufszulassung.
Als Freiberufler ist der Rechtsanwalt Pflichtmitglied in einem der 16 öffentlich-rechtlichen Versorgungswerke seines Berufsstandes. Diese werden durch ihre Mitglieder verwaltet und gehören wie die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) zur ersten Schicht der Altersvorsorge. Sie sind jedoch nicht gleichzusetzen, denn das Versorgungswerk hat gegenüber der GRV einige Vorteile.
Zum einen wäre da der homogene Personenkreis zu nennen, da nur Angehörige der Rechtsanwaltschaft Pflichtmitglied werden. Durch den fast einheitlichen beruflichen Werdegang sind die sonst üblichen Aspekte des sozialen Ausgleichs nicht zu beachten. Die versicherungsfremden Leistungen, die der GRV aufgebürdet werden, fallen ebenso weg.
Hohe Hürden für Berufsunfähigkeitsrente
Neben der Altersrente und der Hinterbliebenen-Versorgung ist die Absicherung im Falle der Berufsunfähigkeit (BU) eine der möglichen Leistungen aus dem Versorgungswerk.
Um eine Berufsunfähigkeitsrente zu bekommen, müssen jedoch hohe Hürden überwunden werden. Gerade bei einem Rechtsanwalt, dessen Berufsbild sehr viele verschiedene Facetten hat, ist der erforderliche Beweis für eine 100-Prozent-Berufsunfähigkeit nur schwer zu führen.
Die Versorgungswerke handhaben die Sachlage in ihren jeweiligen Satzungen restriktiv. Die Einrichtung der Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen schreibt vor, dass ein Mitglied dann Leistungen wegen Berufsunfähigkeit dann erhält, wenn die Zulassung zurückgegeben wird und das Mitglied nicht mehr länger als 3 Stunden arbeiten kann.
Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen hat in eigenen Veranstaltungen schon mehr mehrfach die Meinung vertreten, dass ein erblindetes Mitglied nicht berufsunfähig ist, da es „diktieren könne bzw. sich vorlesen lassen könne.“ Hier stellt sich die Frage, ob sich dieses in der Realität in jeder Anwaltskanzlei organisatorisch darstellen lässt.
Auch Rechtsprechung setzt hohe Maßstäbe
Auch die Rechtsprechung hat hohe Maßstäbe an die „Unfähigkeit, den Rechtsanwaltsberuf auszuüben“ gestellt. Zur Erläuterung hier ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (für das Land Nordrhein-Westfalen) vom 30. Oktober 2008 (5 A 2437/06; NJW-RR 2009, 353-355):
„Ein Rechtsanwalt, der wegen sozialer Ängste nicht mehr in der Lage ist, vor Gericht aufzutreten und mit mehr als zwei Gesprächspartnern gleichzeitig zu kommunizieren, ist aus diesem Grunde nicht berufsunfähig im Sinne der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen.
Er kann vielmehr auf anwaltliche Tätigkeiten verwiesen werden, bei denen seine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht zum Tragen kommt. Das Risiko, auf dem aktuellen Arbeitsmarkt eine entsprechende Tätigkeit zu finden, ist von der Versicherungsleistung des Versorgungswerks nicht gedeckt.“
Einstellung der beruflichen Tätigkeit impliziert
Die 16 verschiedenen Versorgungswerke für Rechtsanwälte haben auch 16 unterschiedliche Satzungen. Trotz der bunten Vielfalt an Gesetzestexten, ist ein Konsens in all diesen Werken zu finden: die Einstellung der beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt. Nichts anderes als die Rückgabe der Zulassung ist hier impliziert.
Einige präzisieren dies in der Satzung, wie es zum Beispiel das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Freien und Hansestadt Hamburg macht. In § 18 Berufsunfähigkeitsrente steht: „(5) Das Mitglied ist verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Zugang des Bewilligungsbescheides die Beendigung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nachzuweisen.“
Die vollständige Aufgabe seines Berufes ist für viele Rechtsanwälte aber unvorstellbar. Zu viel Schweiß und Tränen, zu viel Zeit und Aufwand, zu viel Kosten und Mühen hat die Berufsausbildung gekostet. Von den Weiterbildungen im Ausland und der Weiterqualifizierung zum Fachanwalt ganz zu schweigen.
Hohe Gefahr für Berufseinsteiger
Für den Berufseinsteiger ist die Gefahr in puncto Berufsunfähigkeit sogar noch wesentlich höher. Ähnlich der gesetzlichen Rentenversicherung, müssen bei einigen Versorgungswerken zuerst eine Zeit lang Beiträge geflossen sein, um überhaupt Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente zu haben.
So zum Beispiel beim Versorgungswerk der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern: „§ 11 Berufsunfähigkeitsrente (2) Wer ohne Antrag Mitglied des Versorgungswerks ist, erhält auf Antrag Berufsunfähigkeitsrente, wenn er bis zu dem Eintritt der Berufsunfähigkeit mindestens 36 Monate Mitglied war.“ Die ersten drei Jahre besteht hier keinerlei Schutz gegen Berufsunfähigkeit!
Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg wiederum appelliert auf seiner Internetseite an seine Mitglieder, die Gefahr durch Berufsunfähigkeit nicht zu unterschätzen und sich zusätzlich noch adäquat abzusichern.
Höhe der Leistungen aus dem Versorgungswerk bei Berufsunfähigkeit
Gestützt wird dies auch von den generellen Fakten: Laut einer Statistik der Arbeitsgemeinschaft der berufsständischen Versorgungs-Einrichtungen e.V. (ABV) betrug die durchschnittliche monatliche Berufsunfähigkeitsrente aus den Versorgungswerken im Jahr 2015 1.811,49 Euro.
In Nordrhein-Westfalen beträgt das Nettoeinkommen aus der Berufsunfähigkeitsrente des Versorgungswerk ca. 50% des Netto-Erwerbseinkommens, ab einem Erwerbseinkommen von derzeit 7.100 €/Monat (2021), ist die Einkommenslücke sogar noch höher.
Reicht das einem Rechtsanwalt wirklich, um seinen Lebensstandard zu halten? Wie ernährt er seine Familie? Was ist bei der Bedienung von Darlehen oder Zinszahlungen nach einem Eigentumserwerb? Darüber hinaus sind Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in voller Höhe selbst zu zahlen, da die Versorgungswerke hierzu keine Zuschüsse zahlen.
Lassen Sie sich jetzt zeigen, wie hoch die Versorgungslücke bei Berufsunfähigkeit in Ihrem individuellen Fall wäre. Dann schauen wir uns mit Ihnen gemeinsam an, wie diese Versorgungslücke am besten abgesichert werden kann.
Terminvereinbarung unter: 02131/3831189.